In einer Zeit, in der Nachhaltigkeit zunehmend an Bedeutung gewinnt, haben zahlreiche Branchen bereits Maßnahmen ergriffen, um sich auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten. Mit der neuen, im Jahr 2027 erscheinenden OIB-Richtlinie 7 „Nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen“ soll das Thema Nachhaltigkeit nun erstmals auch Einzug in das heimische Baurecht finden.

Federführend für deren Erstellung lud das Österreichische Institut für Bautechnik (OIB) daher am 19. März dieses Jahres ein breites Spektrum von Akteur:innen aus dem Bauwesen zu einem Stakeholder-Workshop – bewusst in einem frühen Entwicklungsstadium der Richtlinienerstellung. „Es ist uns bei der Erarbeitung der OIB-Richtlinien wichtig, von Anfang an eine Vielzahl von Meinungen, Wünschen und Bedenken zu berücksichtigen“, betont Priv.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. Robert Stadler, Hauptverantwortlicher am OIB für die OIB-Richtlinie 7. Die überwältigende Resonanz auf den Workshop – mit mehr als 120 Teilnehmenden aus verschiedenen Bereichen der Bauwirtschaft sowie Vertreter:innen von Bundesländern, Behörden und Forschungseinrichtungen – verdeutlicht die hohe Relevanz des Themas.

Am Vormittag viel Information

Der Vormittag der Veranstaltung – abgehalten im GÖD-Saal Wien – galt der Wissensvermittlung. Den Auftakt machte DI Robert Jansche, Vorstandsvorsitzender des Österreichischen Instituts für Bautechnik und Vorsitzender der Sachverständigenbeiräte für alle OIB Richtlinien. In seiner Präsentation stellte er das Grundlagendokument zur OIB-Richtlinie 7 vor und skizzierte den weiteren Zeitplan für die Ausarbeitung der Richtlinie.

Die restlichen Impulsvorträge illustrierten die Vielzahl an Rahmenbedingungen, die mit der bevorstehenden Richtlinie in Verbindung stehen. Der Zivilingenieur für Bauwesen und emeritierte Professor an der TU Graz, Univ.-Prof. Peter Maydl, stellte die Arbeit des ASI Komitees 271 und des CEN Komitees 350 vor und verdeutlichte deren Wechselwirkung. Ebenso lenkte er das Augenmerk auf die Umsetzung europäischer Vorgaben – auch im Zusammenhang mit Level(s).

DI Sarah Richter, Geschäftsführerin der Bau EPD GmbH, brachte den Anwesenden die Grundlagen der Ökobilanzierung und der Lebenszyklusanalyse näher. Dabei wurde vor allem auf die Berechnung des Global Warming Potentials (GWP) eingegangen und die dafür nötigen Datengrundlagen dargestellt.

DI Roland Starke vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, präsentierte europäische Vorgaben zur Vermeidung von Abfall-Restmassen und wie sich deren Umsetzung in Österreich gestaltet. Mit einer Vorstellung der neuen Vorgaben zur nachhaltigen öffentlichen Beschaffung sowie Beleuchtung der Anforderungen an ein nachhaltiges Bauen aus abfallwirtschaftlicher Sicht schloss er den Info-Block des Vormittags ab.

Innovationsgeist beim OIB

Während der Impulsvorträge zeigte das OIB Innovationsgeist. Anstelle traditioneller Fragerunden setzte man auf Interaktion über Smartphones. Die Teilnehmenden konnten während der Vorträge online Fragen stellen, andere Fragen lesen und diese durch „Likes“ unterstützen. Am Ende wurden die Fragen mit dem größten Interesse live beantwortet. Alle Übrigen wurden dokumentiert und nach der Veranstaltung schriftlich von den Referent:innen beantwortet. Im wahrsten Sinne des Wortes, ein smartes System.

Podiumsdiskussion liefert Denkansätze

Nach der Mittagspause leitete eine Podiumsdiskussion den aktiven Teil des Workshop-Tages ein. „Wie wird sich Bauen in Zukunft ändern und was kann die OIB-Richtlinie 7 dazu beitragen?“, darüber diskutierten – moderiert von Robert Stadler – Franziska Trebut (Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik), Benjamin Kromoser (Universität für Bodenkultur Wien), Thomas Kasper (Österreichischer Baustoff-Recycling Verband), Peter Kompolschek (Vorsitzender der AG 11.09 (digitale Bauwerksdokumentation) am ASI) und Michael Strobl (Ziviltechnikerkammer für Oberösterreich und Salzburg). Einig waren sich Trebut, Strobl und Kasper darin, dass künftig dem Bauen im Bestand mehr Beachtung geschenkt werden sollte, wobei Rückbau, Renovierungen und Umbaumaßnahmen bereits in der Planungsphase berücksichtigt werden sollten. Sie unterstrichen weiters die Bedeutung eines besserenGlobal Warming Potentials (GWP) für Umbauprojekte im Vergleich zu Neubauten. Kromoser unterstützte diese Ansicht und betonte die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Betrachtung bei der Ökobilanzierung. Kompolschek forderte eine effizientere digitale Dokumentation von Bauwerken, die öffentlich zugänglich sein sollte.

Themen-Cafés für Inputs

Nach der Podiumsdiskussion wurden alle Gäste des Workshops aktiv. „Uns war wichtig, dass sich sämtliche Teilnehmenden in kurzer Zeit mit ihren Ideen einbringen können“, erklärt Robert Jansche. So genannte Themen-Cafés wurden als Mittel gewählt. An fünf Thementischen, passend zu den Kapiteln des Grundlagendokuments, wurden Erwartungen und Herausforderungenzur zukünftigen OIB-Richtlinie 7 festgehalten. Die Tischtücher dienten als Schreibunterlage. Im 20-Minuten-Takt hieß es: „Bitte weiterwandern zum nächsten Tisch!“ Auf diese Weise konnten alle Gäste zu jedem Punkt des Grundlagenpapiers ihre Inputs liefern. „Am Ende des Tages waren alle Tischtücher vollgeschrieben“, zeigt sich Jansche von Motivation und Einsatz der Gäste begeistert. „Mehr als 350 Inputs wurden so während des Workshops generiert.“

Resümee 
Die Fülle an Ideen, Fragen und Wünschen der Teilnehmenden während des Workshops zeigt die Wichtigkeit und das Engagement für Nachhaltigkeit im Bauwesen. „Wir konnten durch diesen Workshoptag viele der wesentlichen Player im Gebäudesektormit an Bord holen und die Grundstimmung einfangen“, fasst Jansche den Workshoptag zusammen. „Jetzt müssen wir nur noch die Dynamik dieses Workshops in die Gremien tragen und die PS auf die Straße bringen!“